Kennt ihr das auch? Hämmernde, im Millisekundenbereich auftretende Gedanken, kaum da, schon wieder weg. Laut sind sie, bohren sich bis in die hinterletzte Gehirnwindung, bringen alles was an Hirnmasse zu Verfügung steht zum beben. Bäm-bäm-bäm! 

Ohne erkennbare Melodie, geschweige denn Harmonie den Kopf erfüllend; lästig und faszinierend zugleich. 

Lästig, weil sie den Kopfesbesitzer von allerlei wichtigeren oder gar sinnvolleren Dingen ablenken. Da will man eigentlich in Ruhe überlegen, was man sich heute auf’s Pausenbrot schmiert, um den Tag wenigstens mit vollem Magen zu überstehen, aber nein: der Denkmuskel zuckt mal wieder unkontrolliert in seiner knöchernen Schale. Na toll.

Das innere Auge wird in schneller Folge mit Bildern von wogenden Weizenfeldern, einträchtig nebeneinander stehenden Salz- und Pfefferstreuern, weinenden Kleinkindern, unaufgeräumten Küchenschubladen und sonstigem Zeug, dass in keiner Verbindung zueinander steht, malträtiert.

Es ist keine einzelne Gedankenwoge, die man luftanhaltend locker überstünde. Nein, es ist eine Flut, die alles überströmt. Bäm-bäm-bäm! Immer schneller, immer mehr. 

Einen einzelnen Gedanken zu erhaschen, festzuhalten und sich in Ruhe damit zu befassen, erscheint aussichtslos. „Pah! Wale fressen schließlich auch keinen einzelnen Krebs. Die geben sich auch nur mit der vollen Ladung Krill im Maul zufrieden.“ brüllt es durch den Schädel des geplagten Kopfbesitzers. Sägend setzen die obligaten Speed Metal Gitarren ein und der Kopfbesitzer fragt sich in einer freien Sekunde, ob Wale vielleicht nur deshalb so viel Krill fressen, weil in den Weiten der Ozeane kein Butterbrot zu finden ist. Das würde nämlich viel schneller satt machen und der Wal hätte mehr Zeit für andere Dinge. Ruhige Klaviermusik hören, vielleicht. Zur Entspannung.

Ob Wale wohl auch solche Speed Gedanken haben? Eichhörnchen haben die bestimmt. Das sieht man ja schon, wenn sie in den Bäumen herum turnen. Rauf, runter. Links um den Stamm, rechts um den Stamm. Dazwischen keckern sie ein irres Keckern. Tiefschwarze Pupillen, schnelle Blicke auf die Welt. Voll auf Speed. Eichhörnchen hören bestimmt keine ruhige Klaviermusik. Eichhörnchen sind die Metaller der Bäume! Eichhörnchen könnten im Gegensatz zu den Walen sogar Gitarre spielen. Müssten halt nur klein genug sein. Die Gitarren.

Man stelle sich das mal vor: in den Fußgängerzonen der Städte stünden statt Panflöte spielender Musiker in bunte Umhänge gehüllte Eichhörnchen, die „El Condor pasa“ auf ihren winzigen E-Gitarren runter reißen. Und wenn die Aufsichtsbehörden anrücken sind sie hastenichtgesehen in Nullkommanix auf den Bäumen verschwunden.  Die Eichhörnchen. 

Und das alles nur, weil irgendsoein Kopfbesitzer gerade nicht mit dem Denken aufhören kann.

Der kommt dann immer wieder vom Hölzchen aufs Stöckchen und weiß nicht mehr, was er vor 5 Sekunden gedacht hat. Bäm-bäm-bäm! 

Ob man in so einer Gedankenflut surfen könnte? Ein Versuch ist es wert. Sich so lange es möglich ist, innerhalb der Wasserröhre waagerecht zur Oberfläche zu bewegen, bevor die Welle bricht und alles mitreißt. Und das alles zur theatralisch-musikalischen Untermalung von „Also sprach Zarathustra“ Inklusive Bäm-bäm-bäm. Bestimmt war Johann Strauß auch Speed Metaler. Surfen konnte er jedenfalls nicht.

Ob Gedanken eigentlich auch mal müde werden? Dann müsste man als Kopfbesitzer einfach abwarten, bis das Hämmern im Hirn nachlässt. Stoische Ruhe, statt hektischem Denken. Kontrolliertes Ignorieren. 

So eine Gedankenflut ist ja auch irgendwie vergleichbar mit französischen Autorenfilmen. Anstrengend, schwer zu verstehen, aber immerhin noch gerade so interessant, dass man nicht abschaltet. Schon allein wegen Romy Schneider. Man möchte schon wissen, wie’s ausgeht. Man möchte hinter die Grundidee schauen. Oder einfach Alain Delon noch ein Weilchen betrachten. 

Also guckt man sich den ganzen Film an, knabbert derweil Erdnüsschen aus der Dose und hofft, dass das Unterbewusstsein sich irgendwann mal helfend einschaltet. 

Oder ausschaltet. Kommt ganz drauf an. 

Man muss ja auch nicht jeden Scheiß anschauen. Bildungsfernsehen hin oder her.

Überhaupt: das Unterbewusstsein ist an allem schuld! Echt an allem. Ohne diese vermaledeite Zwischenablage im Hirn käme selbiges ja erst gar nicht auf die Idee, den Kopfbesitzer so zu malträtieren. Woher ich das weiß? Hat dem Kopfbesitzer das Unterbewusstsein mit zum Gruß erhobenen Glas zwischen zwei kreischenden Riffs zugeschrieen. Richtig verstehen konnte er es nicht. War so laut drumherum. Aber den Sinn der Worte konnte er von den Lippen ablesen. 

Also erhebt er seinerseits sein Glas, prostet dem Unterbewusstsein zu und ruft in den tosenden Lärm seiner Gedanken hinein: „F*ck dich!“ 

Das Unterbewusstsein zieht schmollend ab (es kann auch Lippenlesen) und sieht ein, dass es an diesem Tag beim Kopfbesitzer keinen Stich mehr macht. 

Ruhe kehrt ein. Wohltuende Ruhe. Nicht mal Vogelzwitschern ist zu hören. Im Hirn ist es still.

Auch irgendwie langweilig. 

Text: A. Müller